Freitag, 1. April 2016

Fenster #3

Dienstag, der 1. April 2014


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Nachdem ihm also der Zufall dieses Gedicht zugeführt hatte, da ging Hans Köberlin auf, daß Kafkas Kleine Fabel die Antwort darauf war …*


* Wir können uns nicht verkneifen, beides hier nebeneinanderzustellen …

Atmosphäre

»Die Welt, sie ist so groß und breit,
Der Himmel auch so hehr und weit,
Ich muß das alles mit Augen fassen,
Will sich aber nicht recht denken lassen.«

Dich im Unendlichen zu finden,
Mußt unterscheiden und dann verbinden;
Drum danket mein beflügelt Lied
Dem Manne, der Wolken unterschied.*
Kleine Fabel

»Ach«, sagte die Maus, »die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.« – »Du mußt nur die Laufrichtung ändern«, sagte die Katze und fraß sie.**


* Johann Wolfgang von Goethe, Atmosphäre; in: Werke, hrsg. im Auftrag der Großherzogin Sophie von Sachsen, Weimar 1887ff., Abt. I, Bd. 3, S. 97.
** Franz Kafka, Kleine Fabel; in: Gesammelte Werke, hrsg. von Max Brod, Frankfurt am Main 1950ff., Bd. 8, S. 91.

(aus: ¡Hans Koberlin vive!, Kapitel XIV [Phase 6 – oder: Sehnsucht], 13. März bis 10. April 2014).